Wirkweise und Anwendungsgebiete
Die BiLevel-ST-Therapie (Spontaneous/Timed) basiert auf zwei Druckniveaus:
- Inspiratory Positive Airway Pressure (IPAP) – Druck während der Inspiration, unterstützt die Atemarbeit und erhöht das Tidalvolumen.
- Expiratory Positive Airway Pressure (EPAP) – Druck während der Exspiration, verhindert den pharyngealen Kollaps.
Der entscheidende Zusatz gegenüber der klassischen BiLevel-Therapie ist die Backup-Rate (BR).
Bleibt eine Spontanatmung aus oder wird zu langsam, triggert das Gerät automatisch einen Atemzug, um Hypoventilation und Desaturationen zu vermeiden.
Die Kombination aus patientengetriggerter (S-Anteil) und gerätegetriggerter Ventilation (T-Anteil) gewährleistet eine kontinuierliche Atemunterstützung, ohne die Eigenatmung vollständig zu ersetzen.
Indikationsspektrum:
- Zentrale Schlafapnoe (CSA)
- Cheyne-Stokes-Atmung (z. B. bei Herzinsuffizienz)
- Kombinierte obstruktiv-zentrale Apnoemuster
- Adipositas-Hypoventilationssyndrom (OHS)
- Neuromuskuläre Erkrankungen mit intermittierender Hypoventilation
Die Einstellung der Therapie erfolgt durch erfahrene Schlafmediziner:innen, meist nach Polysomnographie oder titrierter Druckfindung im Schlaflabor.
Durchführung und Ablauf
Die BiLevel-ST-Therapie wird über ein NIV-System mit Nasen-, FullFace- oder TotalFace-Maske durchgeführt.
Neben IPAP und EPAP wird eine Mindestatemfrequenz (Backup-Rate, z. B. 10-16 /min) definiert.
Sinkt die spontane Atemfrequenz unter diesen Wert oder tritt eine Apnoe auf, initiiert das Gerät automatisch eine Inspiration.
Atemmodi und Synchronisation
- Spontaneous Mode (S): Gerät unterstützt die Eigenatmung; Triggerung durch inspiratorischen Flow.
- Timed Mode (T): Gerät löst kontrollierte Atemzüge nach festgelegtem Zeitintervall aus, unabhängig von Spontanatmung.
- Spontaneous/Timed Mode (ST): Kombination beider Modi; automatische Umschaltung bei Atempausen.
Fortschrittliche Systeme verfügen über Auto-Titrationsalgorithmen, die IPAP/EPAP-Werte dynamisch an Atemfluss, Flow-Limitationen oder Leckagen anpassen.
Atemgaskonditionierung und Telemedizin
Ein aktiver Warmluftbefeuchter (30-33 °C, rel. Feuchte 80-90 %) ist integraler Bestandteil der Therapie, um Schleimhautirritationen, Rhinitis und Mundtrockenheit zu vermeiden.
Moderne BiLevel-ST-Geräte sind telemetrie- und cloudfähig.
Therapiedaten (Nutzungszeit, AHI, Leckagevolumen, Atemfrequenz, Triggerquote, IPAP/EPAP-Verläufe) werden verschlüsselt an das Schlaflabor oder die betreuende Ärztin/den betreuenden Arzt übertragen.
Dies ermöglicht eine kontinuierliche Verlaufskontrolle und parametergestützte Anpassung der Therapie aus der Ferne – besonders relevant bei komplexen Apnoeformen und multimorbiden Patient:innen.
Vorteile, Risiken und Nachsorge
Die BiLevel-ST-Therapie gewährleistet eine stabile alveoläre Ventilation auch bei intermittierendem Atemantriebsausfall.
Sie verbessert die Gaswechselparameter (↑ pO₂, ↓ pCO₂), reduziert zentrale Ereignisse und verhindert nächtliche Hypoventilation.
Vorteile der BiLevel-ST-Therapie
- Synchronisierte Atemunterstützung bei zentralen Apnoen
- Aufrechterhaltung der alveolären Ventilation durch Backup-Triggerung
- Verbesserung der CO₂-Elimination und Reduktion der Hypoventilation
- Differenzierte Anpassung an Spontan- und Maschinenzyklen
- Erhöhte Sicherheit durch zeitgesteuerte Atemfrequenz
- Gesteigerter Komfort durch Atemgasbefeuchtung
- Telemetrisches Monitoring für lückenlose Verlaufskontrolle
Risiken und Komplikationen
- Maskenleckagen und Hautirritationen
- Aerophagie bei zu hohem ΔP
- Schleimhauttrockenheit bei unzureichender Befeuchtung
- Fehltriggerungen bei unpassender Sensitivitätseinstellung
- Inadäquate Ventilation bei zu niedriger Backup-Rate
Durch regelmäßige ärztliche Kontrolle und technische Überwachung lassen sich diese Risiken minimieren.
Nachsorge
Die Nachsorge umfasst:
- Überprüfung der Druckparameter (IPAP, EPAP, BR) und Triggerung
- Kontrolle der telemetrischen Daten (AHI, Spontananteil, Nutzungszeit)
- Evaluation der Blutgaswerte (pCO₂, pO₂, SpO₂)
- Masken- und Befeuchtungskontrolle
- Patientenschulung zu Handhabung und Hygiene
Eine initiale Reevaluation nach 4-6 Wochen und regelmäßige Verlaufskontrollen sichern die Langzeitstabilität der Therapie.
Unterschied zur klassischen BiLevel-Therapie
Die klassische BiLevel-Therapie arbeitet ausschließlich druckunterstützend auf Basis spontaner Atemaktivität.
Die BiLevel-ST-Therapie ergänzt diese um eine zeitgesteuerte Atemfrequenz (Backup-Rate), die bei zentraler Atemdepression oder Ausfall des Atemantriebs eine kontrollierte Beatmung initiiert.
Dadurch wird eine kontinuierliche Ventilation auch ohne spontane Triggerung gewährleistet – ein entscheidender Vorteil bei zentralen oder kombinierten Schlafapnoe-Formen sowie bei Hypoventilationssyndromen.